Anwaltsbeitrag / von

Nicht zusammen einklagbar: Ansprüche zur Nutzungsentschädigung vor und nach der Scheidung sind getrennt zu behandeln

„Wir lassen uns erstmal scheiden und können danach immer noch die finanziellen Dinge klären“ – so häufig diese entspannt wirkende Vereinbarung auch getroffen wird, ist sie fast nie eine gute Idee.

Auch nicht in diesem Fall, der vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm landete (OLG Hamm, Beschl. v. 28.06.2023 – 5 UF 78/23).

Mann und Frau hatten ein gemeinsames Haus. Die Frau zog aus. Der Mann blieb nach ihrem Auszug im Haus wohnen. Die Ehe wurde schließlich zwei Jahre später geschieden. Dann verlangte die Frau eine „Nutzungsentschädigung“ – und zwar die halbe Miete für das Haus, rückwirkend seit der Trennung und für die Zukunft.

Das jedoch funktioniert aus verfahrensrechtlichen Gründen aber nicht. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung bis zur Scheidung ist eine sogenannte „Ehewohnungssache“, die nach anderen Verfahrensgrundsätzen beurteilt wird als der Anspruch aus dem Miteigentum nach der Scheidung. Weil das dem Amtagericht nicht aufgefallen war, trennte das OLG nun die beiden Verfahren. Das führte dazu, dass der Mann in dem Verfahren für die Zeit ab der Scheidung eine Frist versäumt hatte und dieser Teil der amtsgerichtlichen Entscheidung rechtskräftig wurde.

Unser Praxishinweis: Die Vorschriften über die Verfahren vor dem Familiengericht lehnen sich teilweise an die Zivilprozessordnung an – teilweise gibt es eigene Verfahrensvorschriften. Es muss daher immer geprüft werden, ob es sich um eine „Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit“ oder um eine“Familienstreitsache“ handelt. Werden wegen der Nichtbeachtung Fristen versäumt, haftet der Anwalt auch dann, wenn die Erstinstanz den Fehler nicht bemerkt hat.