1. Das mündliche Einverständnis eines Grundstückeigentümers mit der Errichtung eines Carports und der entsprechenden Zurverfügungstellung von Teilen seines Grundstücks an den Eigentümer des Nachbargrundstücks ist als Leihvertrag i. S. d. § 598 BGB auszulegen.
2. Wird zwischen den Parteien des Leihvertrags nichts schriftlich festgehalten oder dinglich gesichert, spricht dieser Umstand dafür, dass der Verleiher keinen Rechtsbindungswillen hatte, den Grundstücksteil „lebenslang“ zu überlassen; eine Dauer der Leihe ist demnach nicht bestimmt, der Verleiher kann das Grundstück zurückfordern.
3. Hat der Entleiher Investitionen auf dem Grundstücksteil vorgenommen (hier: Errichtung eines Carports), liegt in der Kündigung des Leihvertrags nach einer Nutzungsdauer von 20 Jahren keine unzulässige Rechtsausübung.
Der Fall: Es ging um einen Streit zwischen zwei unmittelbaren Grundstücksnachbarn. In den späten 1990er Jahren errichteten die verklagten Nachbarn mit Einverständnis des damaligen Eigentümers des Nachbargrundstücks eine in dieses Grundstück reichende Terrasse, um die Jahrtausendwende noch ein Carport nebst Werkstatt ausschließlich stehend auf dem Grundstück des klagenden Nachbars. Dieser erbte das Grundstück im Jahr 2018, kündigte vorsorglich den angeblichen Nutzungsvertrag und fordert die Herausgabe und Räumung des Grundstücksteils. Die Beklagten wehrten sich mit der Behauptung, der damalige Eigentümer habe zugesagt, dass sie das Grundstück lebenslang nutzen könnten.
Die Gerichtsentscheidung: Ohne Erfolg vor dem Amtsgericht! Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Herausgabe des Grundstücksteils zu (§ 985 BGB). Die Beklagten hätten kein Recht zum Besitz. Die einfache Duldung des Vaters der Errichtung einer Terrasse auf einem Teil seines Grundstücks stelle eine reine Gefälligkeit dar, so dass der Grundstücksteil jederzeit zurückgefordert werden könne. Das Einverständnis des Vaters zur Errichtung des Carports seit zwar als Leihvertrag i.S.d. § 598 BGB auszulegen. Dieser wurde aber durch die Kündigung des Klägers beendet. Da die Dauer der Leihe zeitlich weder bestimmt war noch eine Zweckbindung vorlag, könne der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern (§ 604 Abs. 3 BGB). Eine Zweckbindung zwischen Errichtung und dauerhafter Nutzung des Carports hätte eines gesonderten Rechtsbindungswillens dahingehend bedurft, dass die Beklagten so lange leihen, wie sie auch das Carport nutzen wollten. Dies käme einer lebenslangen Gebrauchsüberlassung gleich. Hierzu blieben die Beklagten beweispflichtig. Vielmehr lege hier der Umstand, dass das Einverständnis mündlich und ohne jegliche zeitliche Absprache erfolgt sei, nahe, dass so eine weitreichende Entscheidung, die im Zweifel auch noch Rechtsnachfolger bindet, nicht abgeschlossen werden sollte. Die Kündigung war auch nicht wegen unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB ausgeschlossen, da eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit nach 20 Jahren Nutzungsdauer und unentgeltlicher Gebrauchsüberlassung nicht vorlag. Die Beklagten hätten rein objektiv ein gutes Geschäft gemacht (AG Plön, Urt. v. 26.01.2024 – 74 C 131/20).
Praxishinweis: Das Urteil ist richtig und zeigt einmal mehr, wie weit das Eigentumsrecht reicht und wie wichtig klare und verbindliche Vereinbarungen sind. Nutzer fremden Eigentums sollten schriftliche Vereinbarungen treffen, denn ohne ausreichende rechtliche Absicherung droht trotz Investitionen jederzeit die Rückforderung.