Wohnungseigentum und Energiekrise: Schwimmbad und Sauna können nicht per Beschluss stillgelegt werden

In vielen Wohnungseigentümergemeinschaften gibt es heutzutage Einrichtungen, die nicht mehr zeitgemäß oder jedenfalls nicht mehr gewünscht sind, wie z. B. eine Müllabwurfanlage, die die Mülltrennung konterkariert oder ein Schwimmbad, das hohe Kosten verursacht und ökologisch fragwürdig ist.

Rechtlich geht es im Kern um die praxisrelevante Frage, ob die in § 20 Abs. 1 WEG eröffnete Kompetenz, bauliche Veränderungen zu beschließen, so weit geht, dass dadurch faktisch die Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung bzw. die in ihr niedergelegte Zweckbestimmung gemeinschaftlicher Flächen oder Einrichtungen geändert wird.

Mit dieser Frage hatte sich das Amtsgericht Hamburg-Altona zu befassen (AG Hamburg-Altona, Urteil vom 11.01.2022 – 303c C 10/21):

| Sind in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung bestimmte Gemeinschaftseinrichtungen (hier: Schwimmbad und Sauna) und die Pflicht der Gemeinschaft zu deren Erhaltung vorgesehen, widersprechen Beschlüsse über deren Stilllegung ordnungsmäßiger Verwaltung. Eine Stilllegung ist nur einstimmig möglich. |

Der Sachverhalt: Im Fall des AG Hamburg-Altona verfügte eine Wohnungseigentumsanlage über ein in die Jahre gekommenes und entsprechend instandsetzungsbedürftiges Schwimmbad nebst Sauna. Beide Einrichtungen wurden in der Teilungserklärung als Teil des Gemeinschaftseigentums aufgeführt. Weiter sah die Teilungserklärung vor, dass die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Gemeinschaft obliegt.

Statt der Instandsetzung wurde in einer Eigentümerversammlung die Stilllegung von Schwimmbad und Sauna beschlossen und die Verwaltung zur Erteilung entsprechender Aufträge für die bauliche Umsetzung ermächtigt. Nach Auffassung der Gemeinschaft war der Stilllegungsbeschluss als Grundlagenbeschluss über eine bauliche Veränderung nach § 20 WEG zu verstehen. Der Beschluss sei rechtmäßig, weil das neue Recht wesentlich veränderungsfreundlicher geworden sei.

Dagegen wendet sich ein Eigentümer mit der Anfechtungsklage.

Die Gerichtsentscheidung: Mit Erfolg. Das AG Hamburg-Altona zweifelte schon daran, ob die Stilllegung einer Einrichtung überhaupt eine bauliche Veränderung sein kann. Unabhängig davon sei eine Beschlussfassung über bauliche Veränderungen nur in den Grenzen des § 19 Abs. 1 WEG zulässig. Aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass eine Beschlussfassung, die einer Vereinbarung widerspreche, gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstoße. Schon im alten Recht habe gegolten, dass bauliche Veränderungen nur dann beschlossen werden durften, wenn keine Vereinbarung entgegenstand. Weil die Teilungserklärung vorschreibe, dass Schwimmbad und Sauna durch die Gemeinschaft instand zu halten seien, sei eine Stilllegung nur einstimmig möglich.

Unser Praxishinweis: Nicht geprüft hat das AG Hamburg-Altona, ob der angefochtene Beschluss einzelne Wohnungseigentümer gegenüber anderen Miteigentümern iSv § 20 Abs. 4 WEG unbillig benachteiligt. Eine solche Benachteiligung ist nach der amtlichen Gesetzesbegründung anzunehmen, wenn die Nachteile einer baulichen Veränderung bei wertender Betrachtung nicht durch die mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteile ausgeglichen werden und wenn dies im Ergebnis zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung in größerem Umfang führt (BT-Drs. 19/18791, 66). Eine solche treuwidrige Ungleichbehandlung im Sinne von § 20 Abs. 4 WEG lag hier nicht vor. Die Stilllegung des Schwimmbades und der Sauna betraf alle Wohnungseigentümer gleichermaßen. Die Nutzungsmöglichkeit wurde allen Wohnungseigentümern entzogen. Ein Sonderopfer wurde niemandem auferlegt.

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