Schönheitsreparatur-AGB: Flexible Fristenpläne sind unwirksam – Der Nachmieter soll nicht ohne einen angemessenen Ausgleich mit Gebrauchsspuren aus der Vormietzeit belastet werden

Flexible Schönheitsreparaturenpläne verstoßen gegen § 309 Nr. 12 BGB – Verbot der Veränderung der Beweislast (Landgericht Krefeld v. 25.08.2021 – 2 S 26/20).

Sachverhalt: Nach dem Formularmietvertrag waren die Mieter verpflichtet, auf eigene Kosten regelmäßig Schönheitsreparaturen in den Mieträumen durchzuführen, soweit sie durch ihren Mietgebrauch erforderlich sind. Unter Berücksichtigung des Grads der Abnutzung sollten sie in regelmäßigen Abständen von fünf, acht und zehn Jahren zu Schönheitsreparaturen gehalten sein; eine Rückgabe der Wohnung mit einem Anstrich in neutralen Farben war nur für den Fall geschuldet, dass die Mieter die Farbgebung verändert haben.

Als die Mieter einzogen, wies die Wohnung nicht-neutrale Dekorationen auf (u.a. lila-grüne Bordüre, aufgeklebter Sternenhimmel und orange-farbener Anstrich). Nach Beendigung des Mietverhältnisses ca. viereinhalb Jahre später, verlangt der Vermieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen mit der Begründung, dass die Wohnung bei Einzug der Mieter keine Abnutzungsspuren aufgewiesen habe. Gegenüber dem unstreitigen Kautionsrückzahlungsanspruch der Mieter rechnet er auf mit einer Forderung aus der Beauftragung eines Malerbetriebs.

Entscheidung Amtsgericht: Die Klage der Mieter auf Rückzahlung der Mietkaution hat vor dem Amtsgericht Krefeld (v. 22.06.2020 – 2 C 313/19) Erfolg. Die Schönheitsreparaturklausel sei unwirksam, weil aufgrund des unstreitigen Dekorationszustandes bei Einzug der Gesamteindruck gegen das Vorliegen einer renovierten Wohnung spreche.

Entscheidung Landgericht: Die Berufung des Vermieters hat keinen Erfolg. Nach Auffassung des Landgerichts Krefeld kommt eine wirksame Überwälzung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen schon aufgrund der Formularklausel nicht in Betracht. Ausweislich ihres Wortlauts enthält die Regelung für die Durchführung der Schönheitsreparaturen einen flexiblen Fristenplan. Auch wenn der Bundesgerichtshof flexible Fristenpläne bisher gebilligt hat, verstoßen Klauseln mit derartigen Fristenplänen nach Ansicht des Landgerichts gegen § 309 Nr. 12 BGB, die der Bundesgerichtshof bisher in seiner Rechtsprechung nicht problematisiert hat. Danach ist eine Bestimmung unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, hier die Veränderung der Beweislast über die Fälligkeit des Renovierungsanspruchs zu Lasten der Mieter. Da es sich bei einer Schönheitsreparaturverpflichtung nach Ansicht des Bundesgerichtshofs um einen Teil der noch nicht fälligen Miete handelt (vgl. BGH v. 18.10.2006 – VIII ZR 52/06), muss der Vermieter den Fälligkeitseintritt als Voraussetzung seines Entgeltanspruchs darlegen und beweisen. Flexible Fristenpläne führen jedoch dazu, dass nach Ablauf der genannten Fristen der Mieter beweisen müsste, dass kein Renovierungsbedarf besteht. Denn die Formulierung der Regelhaftigkeit einer bestimmten Zeitspanne macht die Abweichung von dieser zur Ausnahme, die der sich hierauf berufende Mieter nach allgemeinen Beweisregeln zu beweisen hätte (vgl. Schmidt, NZM 2011, 568). Es besteht aber weder aus sachverständiger noch aus empirischer Sicht eine tatsächliche Vermutung für das Vorhandensein von Renovierungsbedarf nach Ablauf bestimmter Fristen (vgl. Lehmann-Richter, Schmidt-Futterer, 14. Auflage 2019, § 538 Rn. 86, 120).

Letztlich konnte dies dahinstehen, weil den Mietern bei Vertragsbeginn keine renovierte Wohnung überlassen worden war. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine formularmäßige Überwälzung von Schönheitsreparaturen nur bei renovierter Wohnung möglich bzw. bei unrenovierter Wohnung dann, wenn der Vermieter dem Mieter einen angemessenen Ausgleich gewährt (BGH v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14). Eine renovierte Wohnung liegt aber nur vor, wenn diese allenfalls Gebrauchsspuren aufweist, die Bagatellcharakter haben. Das war hier – wie eine Beweisaufnahme ergab – nicht der Fall, wobei eine individuelle Dekoration des Vormieters nach Ansicht des Landgerichts ein gewichtiges Indiz für eine unrenovierte Wohnung sei.

Unser Praxishinweis: Der Bundesgerichtshof und die überwiegende Meinung in der Fachliteratur halten flexible Fristenpläne grundsätzlich für wirksam und lösen Fälle wie den vorliegenden damit, dass eine Schönheitsreparaturklausel bei einer vom Mieter unrenoviert übernommenen Wohnung nur wirksam ist, wenn der Mieter für die von ihm vorzunehmende Renovierung einen angemessenen Ausgleich erhält.