Beschränkter Vollstreckungsauftrag nach § 885 a ZPO („Berliner Modell“) umfasst nicht die Wegschaffung von Müll und Gerümpel
Beantragt der Vermieter eine Räumungsvollstreckung nach § 885 a ZPO entsprechend dem „Berliner Modell“, so wird von der Vollstreckung nicht die Wegschaffung von Müll und Gerümpel umfasst. Vielmehr ist der Räumungstitel nach Durchführung der beschränkten Vollstreckung verbraucht (AG Dortmund v. 20.05.2022 – 244 M 410/22).
Der Sachverhalt: Im November 2020 beantragte ein Vermieter einen Gerichtsvollzieher mit der Räumung einer Mietwohnung nach § 885 a ZPO entsprechend dem „Berliner Modell“. Dem kam der Gerichtsvollzieher nach. Da in der Wohnung aber weiterhin Müll und wertloses Mobiliar vorhanden blieb, beanspruchte der Vermieter zusätzlich deren Wegschaffung. Der Gerichtsvollzieher weigerte sich und hielt den Vollstreckungsauftrag für erledigt und verbraucht.
Die Entscheidung des Gerichts: Das Amtsgericht Dortmund entschied gegen den Vermieter. Beschränkt der Gläubiger seinen Vollstreckungsantrag gemäß § 885 a ZPO und führt der Gerichtsvollzieher die beschränkte Vollstreckung durch, so sei der Räumungstitel verbraucht. Der Gläubiger könne nicht vom Gerichtsvollzieher verlangen, nachträglich noch die beweglichen Sachen wegzuschaffen und zu verwahren. Daran ändere auch nichts, dass der Mieter nach dem Titel die Wohnung an den Vermieter geräumt herauszugeben hat. Wie sich aus § 885 Abs. 1 BGB ergebe, verwende der Gesetzgeber die Begriffe „herausgeben“, „überlassen“ und „räumen“ synonym und verstehe darunter, den Mieter aus dem Besitz zu setzen und den Vermieter in den Besitz einzuweisen. Ein Titel, der auf die Wegschaffung des Mobiliars gerichtet ist, bestehe gerade nicht.
Hintergrund: Mit dem Mietrechtsänderungsgesetz (Gesetz v. 11. 3. 13, BGBl. 2013 I 434) wurde auch § 885a ZPO „Beschränkter Vollstreckungsauftrag” eingeführt. Nach § 885a Abs. 1 ZPO kann der Gläubiger die Vollstreckung auf den Besitzwechsel beschränken und so die oft erheblichen Kosten für das Wegschaffen und die Verwahrung des Räumungsguts durch den Gerichtsvollzieher vermeiden. Die Vorschrift ist eine Reaktion des Gesetzgebers auf das in der Praxis entwickelte „Berliner Modell”, bei dem der Vermieter unter Hinweis auf sein mutmaßliches Vermieterpfandrecht das kostspielige „Leerräumen” der Wohnung verhindert hat.
Unser Praxishinweis: Der Gerichtsvollzieher hat in dem Protokoll (§ 762 ZPO) die frei ersichtlichen beweglichen Sachen zu dokumentieren, die er bei der Vornahme der Vollstreckungshandlung vorfindet. Er kann bei der Dokumentation Bildaufnahmen in elektronischer Form herstellen. Zwingende Folge der auf die Herausgabe beschränkten Tätigkeit des Gerichtsvollziehers ist, dass der Gläubiger in den Besitz des Räumungsguts gelangt. Nach § 885a Abs. 3 ZPO kann der Gläubiger bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, jederzeit wegschaffen und hat sie zu verwahren. Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, kann er jederzeit vernichten. Fordert der Schuldner die Sachen beim Gläubiger nicht innerhalb einer Frist von einem Monat nach der Einweisung des Gläubigers in den Besitz ab, kann der Gläubiger die Sachen verwerten.