Kümmert sich ein Sohn um die Bankangelegenheiten seiner Mutter, ist er nach deren Tod den Miterben gegenüber nicht in jedem Fall zur Rechnungslegung über die Geschäfte verpflichtet. Eine schriftliche Abrechnungspflicht hängt davon ab, ob ein Auftrag erteilt worden ist. Im Streitfall bejahte das OLG Braunschweig das aber erst ab dem Zeitpunkt der Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit der Mutter.
Sachverhalt
Geschwister streiten vor Gericht um das Erbe der Mutter. Der Sohn hatte für die Mutter zu ihren Lebzeiten die Bankgeschäfte erledigt.
Hierfür hatte diese ihm nicht nur eine Bankvollmacht, sondern auch eine Vorsorgevollmacht für den Fall ihrer Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit erteilt.
Nachdem die Mutter gestorben war, erhob die Tochter als Miterbin gegen ihren Bruder eine sogenannte Stufenklage.
In der nun entschiedenen, ersten Klagestufe ging es darum, ob der Sohn der Erbengemeinschaft Rechnung legen, also eine übersichtliche und belegte Aufstellung aller von ihm vorgenommenen Bankgeschäfte vornehmen musste.
Gerichtsentscheidung
Die Klage hatte vor dem OLG Braunschweig nur zum Teil Erfolg. Voraussetzung für einen Anspruch auf Rechnungslegung sei, dass die Mutter den Bruder rechtsverbindlich mit der Vornahme der Bankgeschäfte beauftragt habe.
Ein solcher Auftrag ergebe sich nicht aus der Vollmacht an sich. Nach einer ausführlichen Anhörung beider Geschwister und der Vernehmung eines Zeugen stand für das Gericht wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Geschäfte aber fest, dass die Mutter dem Sohn einen Auftrag erteilt habe, allerdings erst für den Zeitpunkt, als sie pflege- und betreuungsbedürftig geworden sei. Denn in diesem Zustand habe die Mutter ihre Bankgeschäfte weder selbst wahrnehmen noch deren Vornahme durch den Sohn kontrollieren können. Weil sich für die Zeit davor keine Auftragserteilung feststellen lasse, müsse der beklagte Sohn der Erbengemeinschaft für diesen Zeitraum nur Auskünfte geben. Eine zusätzliche schriftliche Abrechnung schulde er nicht.
Ob der Sohn der Erbengemeinschaft aus diesem oder einem anderen Zeitraum Geldbeträge zahlen muss, hatte das OLG Braunschweig nicht zu entscheiden. Das bleibt zunächst dem Landgericht Braunschweig vorbehalten, wo das Verfahren nun fortgesetzt wird (OLG Braunschweig, Urteil vom 28.04.2021 – 9 U 24/20).
Quelle: OLG Braunschweig, Pressemitteilung v. 03.05.2021
Unser Praxishinweis
Einen Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft über die Verwendung einer (Konto-)Vollmacht kann ein Miterbe nach § 666 BGB gegen einen anderen Miterben dann geltend machen, wenn zwischen dem Verstorbenen und dem bevollmächtigten Miterben im Innenverhältnis ein Auftragsverhältnis i.S.v. § 662 BGB bestand. Hat ein Miterbe bereits zu Lebzeiten vom Erblasser eine Vollmacht erhalten und auf deren Grundlage gehandelt, besteht für weitere Miterben regelmäßig ein Informationsdefizit, welches nur durch eine Auskunft und Rechenschaft des bevollmächtigten Miterben beseitigt werden kann. In der Praxis steckt der Teufel aber zumeist im Detail. Bevor Sie Ansprüche geltend machen oder eine Abrechnung erteilen, sollten Sie fachkundigen Rat einholen. Das spart in der Regel Zeit und Kosten.